• Atelierbesuch

    Joachim Becker, Kurator, Berlin

    Mit dem Fingernagel sanft über die weiß grundierte Leinwand fahrend blickt er in das scheinbare Nichts. Das feine Korn ist Anfang seines malerischen Alphabets. Bleistifte, Farbkreiden, Ölfarben gleiten über das jungfräuliche Feld, zaghaft nervös, dann vehement kritzelnd, nur dem Widerstand der Leinwand ausgeliefert. Spachtel und Pinsel bewegen sich spielerisch intuitiv ziellos frei der Bildfindung entgegen, additiv und subtrahierend.
    Sensible Linien verlieren sich in inneren Tiefen, Volumen grenzen an Leere. Äußerste Zartheit wächst im Farbfluss zu demonstrativer Stärke. Anima – Animus.

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  • „Kunst ist freier Fall.“ Interview mit Gonn Mosny, 23. Juli 2014, Berlin

    Dr. Frederik Schikowski, Kunsthistoriker, Berlin

    Frederik Schikowski: Herr Mosny, beschreiben Sie doch bitte einmal ihre Arbeitsweise. Soweit ich weiß, stellen Sie sich ja nicht einfach vor eine Leinwand und fangen spontan an zu malen. Vielmehr gibt es einen ganzen vorbereitenden Prozess.

    Gonn Mosny: Ja, ich habe eine Tradition von Willi Baumeisters Schule, bei dem ich an der Stuttgarter Akademie für bildende Künste studiert hatte. Ich verwirkliche, was er uns beigebracht hat. Baumeister war ein großartiger Lehrer und Philosoph, der uns die Zen-Lehre geschenkt hat. Er hat uns das Vokabular gegeben und die geistige Ebene, von der ich heute noch zehre. Alles was ich mache, geht aus dieser Zen-Lehre hervor. Das zielgerichtete Vorgehen mit dem Willen funktioniert nicht. Es geht vielmehr um ein zielloses Zielen: Es geschieht. Dieser japanische Zen-Buddhismus hatte für uns tatsächlich eine Führungsfunktion. Es hört sich für den Laien unverständlich an, aber man lässt malen: Es malt. Und dafür muss man diese Offenheit haben, und das habe ich während meiner ganzen Lehrjahre trainiert. Die Vorgehensweise ist, kein Ziel zu haben. Keinerlei Gedanken zu haben, dass das Bild werden muss, sondern sich frei machen. Sich auch von der Materie und der Materie „Bild“ freimachen, also auch von der Leinwand und allem, was dazugehört. Sich einfach sagen: „Es darf Nichts werden, es muss Nichts werden. Ich bin glücklich mit dem Nicht-Werden“. Man ist sozusagen Außenseiter und beobachtet das, was geschieht. All das ist sehr abstrakt, das weiß ich. Viele nehmen das ja auch nicht ernst, da wird man belacht. Das stört mich aber überhaupt nicht. Ich habe die Praxis, dass es so ist. Auch heute noch, wenn ich male.

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  • Heinz Ohff zur Publikation „GONN MOSNY, Atmen und Malen“, das kunstwerk, 1990

    Kein Kritiker ist allwissend. Es erstaunt ihn trotzdem, auf eine ausführliche und gut gemachte (sowie teure) Monographie eines Malers zu stoßen, dessen Namen er noch nie gehört hat. Natürlicherweise sollte er die Rezension eines Buches über einen Künstler ablehnen, von dem er kein Werk in Original gesehen haben kann.
    Ausnahmen bestätigen freilich die Regel. Gonn Mosny hat diesen seinen Namen erst mit 55 angenommen und ausgestellt scheint er unter ihm noch nie zu haben: jedenfalls gibt der Lebenslauf kein Museum, keine Galerie, keinen Ort einer Ausstellung an. Also dürfte es jedem Menschen der Kunstszene gehen wie mir. Kunsthistoriker, Museumsdirektor oder Kritiker: hier stellt sich jemand, umgekehrt wie üblich, durch ein Prachtbuch vor, statt dass eine umfangreiche Monographie den Schlusspunkt hinter eine malerische Karriere setzt.

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  • Mark Gisbourne zur Ausstellung „Above the line – Atmen und Malen“, 2013-2014

    Mr Gainsborough presents his compliments to The Gentlemen appointed to hang the Pictures at the Royal Academy; and he begs leave to hint to Them, that if The Royal Family, which has been sent for this Exhibition are hung above the line along with full lengths, he never more, whilst he breaths, will send another Picture to the Exhibition—This he swears by God. Thomas Gainsborough (1727-88), Brief an das Hängungskomitee (1783) [1]

    Die repräsentativen Absichten hinter dieser Ausstellung sind die der ästhetischen Geste und der historischen Provokation. Erstere wird durch die außergewöhnliche malerische Ausdruckskraft des deutschen Malers Gonn Mosny repräsentiert, und letztere durch den absichtlich provokanten Aufbau durch den Kurator der Ausstellung. Eine Hängung oberhalb der Linie (Above the Line, heute meist als St. Petersburger Hängung bezeichnet), war eine Herangehensweise, Wandarbeiten vom Boden bis zur Decke zur Darstellung zu bringen, die von nationalen Akademien und Salons im achtzehnten und neunzehnten Jahrhundert benutzt wurde.

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  • Helmut Köhl über „Gruppe aus Gordes“, 2008

    Heute, bei der Beschreibung der Entstehungsgeschichte seiner Skulpturengruppe, die Gonn Mosny charmant „meine Jungs“bezeichnet, muss ich zu Beginn die Ausstrahlungskraft erneut bestätigen. Doch kommt für mich da noch etwas Wichtigeres zum Vorschein: „Gonn Mosny’s Arbeiten haben eine überaus starke Anziehungskraft.“

    Bei meiner Europareise im Jahr 1998 zu drei der wichtigsten Europäischen Kunstmessen, der Fiac in Paris, der Kunstmesse in Wien und der Art Cologne in Köln lernte ich „Die Jungs“ oder wie wir so schön in Mexiko sagen würden „Gonns Chamacos“ kennen. Es war für mich die wichtigste Begegnung mit einem Kunstwerk, das ich bis heute, also nach 10 Jahren, begleiten darf.

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  • Norman L. Kleeblatt, Vorwort zur Publikation „Atmen und Malen“, 1989

    Von dem Moment an, als Gonn Mosny mir zum ersten Mal seine Arbeiten zeigte, hoffte ich auf den Zeitpunkt, an dem sie einem größeren Kreis zugänglich gemacht werden könnten. Gonn, von Natur aus ruhig und in sich zurückgezogen, scheute sich, sowohl seine Kunst als auch seine Person zur Schau zu stellen. Er hob die sehr persönliche Aussage seiner Leinwände und Zeichnungen hervor, die er als ein Mittel des Selbstausdrucks schuf ohne Absicht, sie auszustellen oder zu veröffentlichen. Seine Oeuvre wurde wie ein sorgsam gehüteter Schatz bewahrt, der nur seiner Familie, die ihm viel bedeutet, und vielleicht wenigen besondres engen Freunden zugänglich war.

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  • Mark Gisbourne „Atmen und Malen“

    Was treibt einen Mann mit 55 Jahren dazu, sein Land zu verlassen, seinen Vornamen zu wechseln, um an einen einsam gelegenen Platz in den Süden Frankreichs zu ziehen? Ist das Flucht vor den Anforderungen des Lebens? Ein Entweichen vor Verantwortlichkeiten? Muss er sich vor einem Geheimnis verbergen? Nichts von alledem, es ist der Drang nach Neuem. Gonn Mosny wollte malen, und um das möglich zu machen, war ein gewisses Maß an emotionalem Verzicht nötig, ein Bruch mit dem Vertrauten, dem Gewohnten. Er hatte sich immer gewünscht, nichts anderes zu tun, als zu malen. Das wiederum erforderte die notwendigen materiellen Voraussetzungen.

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