Heute, bei der Beschreibung der Entstehungsgeschichte seiner Skulpturengruppe, die Gonn Mosny charmant „meine Jungs“bezeichnet, muss ich zu Beginn die Ausstrahlungskraft erneut bestätigen. Doch kommt für mich da noch etwas Wichtigeres zum Vorschein: „Gonn Mosny’s Arbeiten haben eine überaus starke Anziehungskraft.“
Bei meiner Europareise im Jahr 1998 zu drei der wichtigsten Europäischen Kunstmessen, der Fiac in Paris, der Kunstmesse in Wien und der Art Cologne in Köln lernte ich „Die Jungs“ oder wie wir so schön in Mexiko sagen würden „Gonns Chamacos“ kennen. Es war für mich die wichtigste Begegnung mit einem Kunstwerk, das ich bis heute, also nach 10 Jahren, begleiten darf.
Auf der Fiac in Paris beeindruckte mich vor allem eine Arbeit des von mir bis heute innig geliebten spanischen Künstlers Juan Hernández Pijuan: „Dibuixant els Marges“, 1997.
Die Arbeiten der Gruppe Cobra, in der mich vor allem Karel Appel, Asger Jorn, Henry Heerup, Jens Birkenmose und Gina Pellon, doch noch mehr die meines Freundes Pierre Alechinsky begeisterten, waren ein wirkliches Erlebnis. Ich hatte Jahre zuvor Pierre Alechinsky bei seiner Ausstellung im Museum für Moderene Kunst in Mexiko D.F kennen gelernt und ihn und seine Frau für eine Woche durch die Keraminkdörfer von Oaxaca begleitet.
Auf der Kunstmesse in Wien und in den Wiener Museen beeindruckten mich erneut die namhaften österreichischen Künstler Egon Schiele, Gustav Klimt, Oskar Kokoschka, Wolfgang Paalen und Hugo Wulz.
Der Höhepunkt war die Art Cologne in Köln. Gonn Mosnys Skulpturen, die „Gruppe aus Gordes“, die ich selbst nach meinen „Freunden“neben Westminster, den „Bürgern von Calais“ ihm zu Ehren die „Bürger von Gordes“ nennen möchte, liess mich nicht mehr los.
Beim ersten Rundgang durch die Messe verschlug es mir bei der Galerie Benden & Klimczak aus Viersen/Köln buchstäblich die Sprache. Ich sah Menschen, nicht Skulpturen. Menschen, die fühlen, lieben, denken, handeln, hassen, leiden, hungern, Menschen, die mich an den Holocaust erinnerten. Dicke, dünne, kluge und verblödete. Sogar siamesische Zwillinge und eine Stele, die mich an Charles de Gaulle erinnerte.
Beim zweiten Mal sprach mich der Galerist Klaus Benden an und beim dritten Mal fragte er mich, ob ich die Gruppe erstehen wollte. Diese war aber nur für ein Museum bestimmt. Beim vierten Besuch schrieb ich einen Brief an den Künstler Gonn Mosny. Beim fünften Mal war es mir, als ob ich alten Freunden begegnete, und alles war mir wie heimatlich vertraut.
All dies passierte wohl in den Tagen zwischen dem 9. und 11.11.98, wenn ich mich richtig entsinne. Erneut begegnete ich auch Arbeiten von Juan Hernández Pijuan, die ich in Paris nicht gesehen hatte.
Die Dinge nahmen danach ihren Lauf. Im folgenden Briefwechsel zwischen Gonn Mosny und mir entwickelte sich dann diese Freundschaft, die ich zuvor mit der Gruppe aus Gordes gespürt hatte. Hinzu kam noch die Freundschaft zu seiner Frau Barbara, die ich sehr schätze und verehre.
Am 03.03.2001 hatte Gonn Mosny seine erste Ausstellung von Zeichnungen und Ölbildern bei uns im HAUS der KUNST – Brücke für moderne Kunst, in Guadalajara. Jedoch zuvor am 15.02.2001 wurde die „Grupo de Gordes“ im Instituto Cultural Cabanas unter der Direktion von Gutierre Aceves ausgestellt. Diese Ausstellung wurde dann im Anschluss auf drei Monate verlängert.
Die Wege zur Fundación Cultural Omnilife und Jorge Vergara leitete der damalige Direktor des Goethe-Institutes in Guadalajara, Richard Lang, in einem ersten Gespräch ein. Man einigte sich über die Finanzierung der Ausstellung, und dann bei einem Besuch von Gonn Mosny in der Fundación Omnilife bei Jorge Vergara kam es zur Unterzeichnung eines Vertrags. Demzufolge sollte die Grupo des Gordes Teil der permanenten Ausstellung im Museum für Moderene Kunst des berühmten japanischen Architekten Toyo Ito im Centro JVC werden.
Wenn ich erwähnte, dass mir die „Gruppe aus Gordes“ 1998 in Köln heimatlich und vertraut erschien, möchte ich mich dabei auf meine beiden Heimatländer Deutschland und Mexiko berufen. Ich hatte Gonn Mosny mehrfach darauf hingewiesen, dass die „Bürger von Mexiko“die „Bürger von Gordes“ gewiss verstehen und erkennen würden.
Die „Gruppe aus Gordes“ entstand in einer Werkstatt neben seinem Atelierhaus Fontanille im französischen Gordes, in der Nähe von Avignon in der Provence. Dieser Lebensraum während 12 Jahre ließGonn Mosny das Material von archaischen Steinen und uralten Balken lang vergangener Häuser finden. Sein Tun war es zu sehen, aufzunehmen und zusammenzufügen, ohne Spuren seiner Hände zu hinterlassen. Holz und Steine wurden von Gonn Mosny, wie er mir erzählte, wie Zen zusammengefügt, formten sich zu Figuren ohne sichtbaren Eingriff von ihm. Einer der wichtigsten Meister und Lehrer aller Zeiten in meiner schwäbischen Heimat, Willi Baumeister, bei dem Gonn Mosny als einer der letzen Schüler an der Stuttgarter Kunstakademie studierte, hatte ihn in Zen eingewiesen.
Mark Gisbourne schreibt: „Für Gonn geht es um die Vorstellung, sich selbst zu sammeln und wie der Bogenschütze sowohl Körper wie Geist auf einen gegebenen Punkt oder die Zielscheibe zu konzentrieren. Ihn interessieren nicht die metaphysischen und/oder religiösen Aspekte des Buddhismus, sondern die Methode, eine Absicht vollkommen auszudrücken.“
Ich wünsche allen Besuchern der „Gruppe aus Gordes“ ein ähnliches Erkennen und Erleben, eine wirklich innere Begegnung mit ihrer eigenen Situation und Person.
Helmut Köhl
Direktor HAUS der KUNST – Brücke für moderne Kunst
Guadalajara, Mexiko